Zur Typologie, Chronologie und Bestimmung der kolchischen bronzenen Hortfunde

TSU, 115 - 14.45-15.10

Bronzehorte zählen zu den dominanten Funden der spätbronze-früheisenzeitlichen Kolchis-Kultur des 15.-7. Jh. v. Chr. Die Horte beinhalten verschiedene Bronzeobjekte wie Äxte, Hacken, Hellebardenklingen, Sicheln, Lanzenspitzen, bronzene Gußkuchen u.a.. Einige von diesen Horten bestehen nur aus einzelnen Bronzeobjekten, die anderen jedoch aus mehreren Objekten unterschiedlichen Typs. Die überwiegende Mehrzahl der Fundobjeke bilden, nach unseren Beobachtungen, die kolchischen Bronzeäxte verschiedener Art. Quantitativ folgen die Bronzehacken, -hellebardenklingen und -gußkuchen.

Im Verbreitungsareal der Kolchis-Kultur sind die ältesten Horte im Ostschwarzmeerraum, nämlich in den Gebieten von Guria, Adjara und Abkhasien nachzuweisen. Der älteste Hortfund stammt aus Ureki, einem, an der Meeresküste liegenden Dorf in der georgischen Provinz von Guria. Der Hort wird mit dem 17.-16. Jh. v. Chr. datiert. Die jüngsten Bronzehorte stammen aus dem späten 7. Jh. v. Chr.. Seit diesem Zeitpunkt, zu dem in Kolchis die ersten "religiösen Zentren" in Form von Heiligtümern und Tempeln erscheinen, gibt es keine Hortfunde nachzuweisen.

Die zahlreichen, aus der späten Bronzezeit stammenden Hortfunde in Kolchis und in Europa dürften als Hinweise auf die, zwischen diesen Regionen bestehenden Kontakte verstanden werden. Bekanntlich lassen sich in jener Zeit einzelne Kontakte zwischen der Kolchis und Norditalien, der Kultur im Tal des Po vermuten. Die Ähnlichkeit zwischen der Kolchis-Kultur und der Terramarekultur ist am Beispiel der Keramik- und Metallfunde aus der späten Mittel- und der frühen Spätbronzezeit (17.-12. Jh. v. Chr.), sowie an der Topographie und der Architektur (Pfeilbauten) der künstlichen Siedlungshügeln evident festzustellen. Die Beziehungen der Kolchis zu der Ägäis und dem südsteuropäischen Raum sind auch an den Bronzefibeln, die nach Kolchis aus Italien und Griechenland eingeführt und dort zu einer lokalen, östlichen Variante transformiert wurden, zu erkennen.

Die Funktion der spätbronzezeitlichen Bronzehorte ist eine, kulturhistorisch wichtige Frage. Einige Autoren betrachten die kolchischen Bronzehorte, in einem komparativen Zusammenhang mit den europäischen Hortfunden, als ein religiöses bzw. ein ideologisches Phänomen. In der georgischen Fachliteratur werden sie vorwiegend als „Gießerhorte“ oder als „Händlerhorte“ gedeutet. Eine Ausnahme bildet ein Aufsatz von Otar Lordkipanidze, in dem der Autor auf die Multifunktionalität der kolchischen Bronzehorte hinweist, obwohl gleichzeitig deren vorwiegend rituellen Charakter betont und diese als „Gaben an die Götter" interpretiert. Tatsächlich dürften die spätbronze- früheisenzeitlichen kolchischen Horte vorwiegend als Gaben an die heidnischen Gottheiten verstanden werden. Eine genaue Erforschung der, in verschiedenen Museen in Georgien aufbewahrten kolchischen Bronzehorte könnte mehreres an diesem Problem klären. Gleichzeitig könnte auch die Frage, ob es im Falle von einzelnen kolchischen Horte, unter Berücksichtigung des Entdeckungskontextes und des Contents von Funden, auch tatsächlich um „Gießerhorte" oder „Händlerhorte" handelt, beantwortet werden. Demnächst ist eine statistische, inhaltliche und soziokulturelle Erforschung, sowie die metallographische Untersuchung der kolchischen Horte eine unumgängliche Aufgabe. Dies könnte zum Beispiel die Frage nach dem ersten Erscheinungsort der Zinnbronze in Kolchis beantworten. Auch die Feststellung der Zusammensetzung der ältesten Bronzen aus den kolchischen Hortfunden ist eine wichtige Forschungsaufgabe. Zum gegebenen Forschungsstand sind die ältesten kolchischen Horte mit 17.-15. Jh. v. Chr., die jüngsten mit dem 7. Jh. v. Chr. zu datieren.