Der Vortrag handelt von einer bisher unbekannten Seite der georgisch-deutschen Beziehungen : Es geht um neu entdeckte Briefe georgischer Offiziere im Dienst der russischen Armee, die aus dem Siebenjährigen Krieg gegen Preußen stammen. Einen Monat nach der Schlacht bei Zorndorf, die vom 14 bis 25. August 1758 andauerte, gelang es den Preußen, im polnischen Grenzgebiet einen der gegnerischen Kuriere festzunehmen, die zwischen der russischen Front und St. Petersburg unterwegs waren. So gelangte die Korrespondenz eines ganzen Monats – mehr als hundert Privatbriefe – in die königlich-preußische Kanzlei; sie wurde jetzt von dem russischen Historiker Denis Sdvizhkov im Geheimen Preußischen Staatsarchiv in Berlin wiederentdeckt. Der Inhalt und die Gestaltung der Briefe spiegeln deutlich den Charakter der russischen Armee und der in ihr dienenden Offiziere wider. Sie lassen die für das russische Reich und seinen Adel typische Mischung erkennen: Neben Briefen in russischer Schnellschrift von Provinz-Offizieren gibt es Korrespondenz auf französisch und baltendeutsch, aber auch einige Briefe in georgischer Sprache von georgischen Offizieren des Husarenregiments.
Die Briefsammlung, die Denis Sdvizhkov in einem Aufsatz unter dem Titel „Landschaft nach der Schlacht (Briefe russischer Offiziere aus dem Siebenjährigen Krieg)“ bekannt gemacht und in dem demnächst erscheinenden Buch „Briefe vom Russischen Krieg“ kritisch herausgegeben und kommentiert hat, verschafft uns einen Einblick nicht nur in die persönlichen Erlebnisse der Schlachtteilnehmer, sondern auch in das persönliche Leben der Offiziere unterschiedlichenAlters aus unterschiedlichen Provinzent des russischen Imperiums.
Für die georgische Geistes- und Kulturgeschichte stellen diese Briefe, die wir für den von Denis Sdvizhkov herausgegebenen Band bearbeitet haben, aus zweierlei Gründen eine unschätzbare Quelle dar: Zum einen verfügen wir aus dieser Zeit (der zweiten Hälfte des 18. Jhs.) über nur sehr wenige Materialien, die das gesprochene Georgisch erkennen lassen; zum anderern sind die Briefe als Zeugnisse der Epistolarliteratur von großer Bedeutung, da man durch sie einen Eindruck vom zeitgenössischen Schreibstil wie auch von den gessellschaftlicher Sitten und Normen des georgischen Adels gewinnen kann. Darüber hinaus liefern die Briefe aus dem Siebenjährigen Krieg authentische Informationen über die Gefangennahme des Schriftstellers Dawit Guramischwili durch die preußische Armee – ein Ereignis, das bisher nur aus dem autobiographischen Werk des Autors bekannt war.