Robakidse contra Stalin: Grigol Robakidses kulturphilosophische Abhandliung “Stalin als ahrimanische Macht” (1935) als Beitrag zur Erschließung des bolschewistischen Führerbildes
TSU, 212 - 15.10-15.35
- In seinen philosophischen Esseys und literarisch-theoretischen Schriften unterstreicht Grigol Robakidse (1880-1962) die Unvermeidbarkeit der “metaphysischen Deutung” eines Phänomens, d. h., die hermeneutische Auffassung und Erschliessung der mythisch-ursprünglichen Grundlagen einer beliebigen Seinserscheinung.
- In der in Deutschland veröffentlichten Abhandlung “Stalin als ahrimanische Macht” aus der Sammlung der ontologischen Esseys “Dämon und Mythos” (Deutsch 1935), wie es aus dem Titel selbst deutlich wird, identifiziert und vergleicht Robakidse Stalins Person mit dem Gott des Bösen aus der zoroastrischen Mythologie und Relogion Ahriman. Der Name Ahriman trifft man in den zoroastrischen Texten aus den IX-X. Jh.-ten. Der Name ist vom Begriff der zoroastrischen Thoelogie Angra Mainyu abgeleitet, was der zerstörerische Geist bedeutet. Somit ist Robakidses Abhandlung eines der ersten Versuche Stalins Phänomen aus der mythisch-hermeneutischen Sicht zu erschliessen.
- Nach Robakidse verkörpert Stalins Person (bzw. Stalinismus, Bolschewismus) im eigentlichen Sinne diese destruktive, demonische Kraft/Macht. Aus ontologischer Sicht ist sie aber eine empirische Erscheinung der ahrimanischen metaphysisch-mythischen Ursprünge in der konkreten historischen Zeit in der Form eines totalitären und technokratischen Staates.
- Der Oberhaupt des totalitären Staates ersetzt den Gott, Gottesidee und etabliert sich als Phseudo-Gott. Somit wird die letzte Stufe zur Zerstörung der sakralen Ordnung erreicht, mithin ist auch die Idee der Gottesebenbildheit destruiert. Es ist nicht zufällig, dass in der Abhanlung Robakidse Stalin mit dem prehistorischen Echse, also mit der biblischen Schlange vergleicht, womit Robakidse auf die metaphysischen Würzeln des Stalinphänomens andeutet: diese biblische Urschlange ist das Sinnbild für Urangst, Tod, Nichts, existenzielles Verhängnis, Ichlosigkeit.
- Aus diesem mythisch-metapysischen, auch tiefenphsychologischen, Kontext also deutet Robakidse in der Abhandlung Stalins Person, die ihrem Wesen nach mythisch-psychologisch der Vaterverächter und Vatermörder ist, wodurch die sakrale Ordnung zerstört wird. Hier versucht Robakidse aufgrund der goetheschen Urphänomenlehre und des Freuds phsychoanalytischen Ansatz (Odyposkomplex) Stalins Phänomen zu erschliessen.