Der zuletzt erschienene mehrschichtige, multiperspektivische Roman von Nino Haratischwili „Das achte Leben (für Brilka)“ erzählt über wichtige historische Ereignisse, intergenerationell vererbte Verhaltensmuster, Geschwisterkonstellationen, gewalttätige Handlungen und über die Unmöglichkeit, sich den epochalen Umbrüchen des „blutigen“ 20. Jahrhunderts zu entziehen. Der Roman vermittelt gründliche Einblicke in Gewaltmustern, ohne die Grenzen zwischen Herrschaftsformen, insbesondere zwischen Nationalsozialismus und dem aus Georgien stammenden Stalin und seinem System zu verwischen. N. Haratischwili verbindet „Geburt und Tod der sowjetischen Völkergemeinschaft“ mit der Lebens- und Leidenswege der Protagonisten. Sie zeigt, wie die historisch kontextualisierten Verletzungen ihre personalen Identitäten prägen.
In der vorliegenden Arbeit wird versucht, den Generationsroman von N. Haratischwili auf seine Identitätskonzeption hin zu untersuchen und die damit einhergehenden Fragen wie: Migration, kulturelle Übersetzung, Stereotype des Nationalcharakters, kulturelle Hybridität etc. zu thematisieren. Dabei wird die entscheidende Bedeutung der historischen und kulturellen Rahmenbedingungen für die Konstitution der Identitätstypen unterstrichen und an ausgewählten Beispielen aus dem Roman gezeigt, dass sich der Prozess der Identitätsbildung ethnisch geprägter Protagonisten im Wechselspiel zwischen Individualität und sozialer Akzeptanz, zwischen dem Emotionalen und Historischen vollzieht.
„Das achte Leben (für Brilka)“ ist ein imposantes Werk, mit beeindruckend bildlicher Fantasie und Sprache. Gerade weil die Sprache des Buches nicht die Muttersprache der Autorin ist, verwendet sie in diesem Roman, wie N. Haratischwili in einem Interview selbst bemerkt, „georgisch gefärbte Erzählstrukturen“, aber auch georgische Satzbaumuster und Realien, für den deutschen Leser ungewöhnliche Sprachbilder und originelle Wendungen, die „die deutsche Sprache bereichern müssen“.