Mythos und Parodie in Günter Grass’ Die Blechtrommel

TSU, 212 - 17.15-17.40

Die Literatur jeder Epoche sucht neue Wege, Darstellungsmethoden und Fiktionsmitteln. Der modernistische Roman des vergangenen Jahrhunderts zeichnet sich durch die starke Tendenz zum ,,Mythischen“ aus. Die Schriftsteller begannen aktiv die fiktionale und kreative Umsetzung der mythischen Gestalten und Strukturen in ihren literarischen Werken. Die Suche nach der tiefenpsychologischen Analyse, die Entdeckung der universellen Modellen im psychologischen Porträt der einzelnen Person ebnete den Weg für die Invasion des ,,Mythischen“ in die Literatur. So geht der Roman in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts zurück zum Mythos und Mythos wird als Modell des universellen Denkens verstanden.  

Der  postmoderne Roman charakterisiert sich durch die verschiedenen Interpretationen und die parodistische Verwendung von Mythos, er verwendet sehr aktiv die mythischen Elemente, die Erzählperspektiven und Strukturen des Mythos,  aber gleichfalls zerstört er die Mythen, stellt die mythischen Personen ganz anders, manchmal auf parodistischer Weise dar. Der Held solcher Romanen ist nicht eine ganze, harmonische Einheit, sondern in vielen ,,Ich“ verteilte, disharmonische Schöpfung. 

Im Günter Grass‘ Roman `Die Blechtrommel“ sind die postmoderne Romanmerkmale sehr deutlich, ungeachtet dessen, dass ,,Die Blechtrommel“ ein paar Jahrzehnte vor dem Beginn der Postmoderne geschrieben wurde. Dazu bedient sich Grass der Intertextualität, Metafiktionalität der Selbstreflexion, der Parodie und Collage. Mythos, mythische und  biblische Anspielungen spielen sowohl im Sujet, als auch in der Erzählstruktur und Figurenbildung des Romans eine wichtige Rolle. Es ist auch sehr bemerkenswert, wie der Schriftsteller die Fiktion von Zeit und Raum  und die  Modellierung biblischer Elemente schafft. Letztlich soll dadurch ein `ästhetischer Pluralismus“ entstanden werden, was einen parodistischen Zweck hat: Günter Grass will eine Illusion schaffen, als ob sein Roman einen hohen Anspruch auf die ästhetisch volkommene Form hat.