Den 30 November, 2022

Sektion - 3

TSU, 107 - 14.15-14.30

Lela Alexidze
(Staatliche Ivane-Javakhishvili-Universität Tbilissi, Georgien)

Die neuplatonischen Aspekte der Theorie des Sehens in
Ioane Petritsi und Nikolaus von Kues

Was verbindet Ioane Petritsi, den georgischen Philosophen des 12. Jahrhunderts, der auf Georgisch schrieb und eine griechische Ausbildung besaß, mit Nikolaus von Kues, dem deutschen Philosophen des 15. Jahrhunderts, der lateinischsprachig war? Sie hatten zwar keine direkte Verbindung zueinander, d. h. selbstverständlich hat Nikolaus von Kues Petritsis Werk nicht gekannt, aber es gibt bestimmte Gründe, die Philosophie der beiden Denker miteinander zu vergleichen: Sie waren sozusagen christliche Platoniker und haben ihre Werke teilweise mit Rücksichtnahme auf die selben platonischen/neuplatonischen Texte verfasst. Im antiken und mittelalterlichen Platonismus sowie im Platonismus der Renaissancephilosophie spielte die Theorie des ‘Sehens’ (Vision, Betrachtung, Schau) eine äußerst wichtige Rolle bei der Erklärung des ‘Mechanismus’ der stufenweise Aufhebung der menschlichen Seele zu Gott.
Im Vortrag werden die neuplatonischen Aspekte der Theorie des Sehens (einerseits die Charakteristik und Stufen der von der unteren, sinnlich fassbaren Welt auf die obere, intelligible und göttliche Welt gerichteten menschlichen Sehefähigkeit, andererseits die Schau Gottes als seine allumfassende Vorsehung) in den Werken Petritsis (Kommentar zur ‘Elementatio theologica’ des Proklos) und Nikolaus von Kues’ (‘De visione Dei’, ‘De apice theoriae’) kurz analysiert und miteinander verglichen.