Den 1 Dezember, 2022

Sektion - 3

TSU, 107 - 16.15-16.30

Joni Apakidze, Manana Kuprava
(Deutsches Archäologisches Institut Berlin)

Siedlungen und Baukultur im östlichen Schwarzmeergebiet
 im 3. und 2. Jahrtausends v. Chr.

Den archäologischen Daten zufolge, erscheinen die ersten Siedlungen in der Ebene der Kolchis im 3. Jahrtausend v. Chr. Bis dahin war dieses Gebiet teilweise unbesiedelt, denn die sumpfige Landschaft der kolchischen Niederung erschwerte die Kultivierung dieser Gegend. Aber, sobald die Menschen es gelernt haben, künstliche Wohnhügel bzw. Tellsiedlungen zu bauen, begann eine forcierte Erschließung des Tief- und des Küstenlandes. In der 1. Hälfte des 3. Jahrtausends v.Chr. trotz eines sichtbaren Fortschrittes, dominieren immer noch die äneolithischen Verhältnisse. Der Umbruch beginnt um die Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr., mit einer absolut neuen und wesentlich progressiven Entwicklungsphase, die als  Proto-Kolchis-Kultur  definiert wird und deren 1. Etappe ins 25.-22. Jh. v. Chr. und die 2. Etappe in 21.-17. Jh. v. Chr. gehört. Die ältesten Siedlungen in der Tiefebene von Kolchis und im angrenzenden Vorgebirge sind im südwestlichen Teil, im Gebiet des heutigen Gurias und Adschariens nachzuweisen.  Dazu gehören der untere Horizont von Ispani, die Siedlungen von Tsholipa, Shemokmedi und Tshakvi.  Ein synchroner Fundort ist die, archäologisch erforschte Schicht IV der Siedlung von Machara im Nordwesten der Kolchis, in Abchasien.   Diese Siedlungen gehören zur früheren Phase der 1. Protokolchisetappe und werden mit ca. 25.-23. Jh. v. Chr. zu datiert. In der Tiefebene der Zentralkolchis und im Küstenland sind die ersten Siedlungen erst in der Spätphase der 1. Protokolchisetappe nachzuweisen und werden zum heutigen Forschungsstand mit 22.-20. bzw. 21.-19. Jh. v. Chr. datiert. Aus dieser Zeit stammen die Unterschichten des zentralen künstlichen Siedlungshügels von Pichori, Dicha-Gudzuba I von Anaklia und die Unterschichten von Anaklia II in Zentralkolchis. Der mehrschichtige künstliche Siedlungshügel von Pichori gilt als ein Musterfundort der Proto-Kolchis- und Kolchis-Kulturen im Ostschwarzmeergebiet. Es wäre zu bemerken, dass diese Chronologie, anhand der neuesten archäologischen Angaben, wie z. B. die 14C- und die dendrochronologischen Daten des künstlichen Siedlungshügels von Tabakoni, einer Präzisierung bedarf. Es handelt sich darum, dass die spätbronzezeitliche Schicht von Tabakoni sich wesentlich vom Fundmaterial aus den, oben erwähnten Siedlungen unterscheidet und in eine jüngere Phase, und zwar in die 2. Protokolchisetappe gehört und demzufolge, nach der gegebenen Chronologie, nicht älter, als aus der 1. Hälfte des 2. Jahrtausend sein darf. Anscheinend beginnt die 2. Protokolchisetappe nicht später als 22. Jh. v. Chr. Demzufolge dürfte für die 1. Protokolchisetappe ein älteres Datum angemessen sein .Wenn wir die frühe Phase der 1. Protokolchisetappe ins 27.-26. Jh. v. Chr. einordnen, so wäre die folgende Phase mit 24.-23. Jh. v. Chr. zu datieren. Zum gegebenen Forschungsstand können wir diese Daten nur hypothetisch annehmen, denn es ist notwendig, die Forschungen in dieser Richtung auch weiter fortzusetzen. Die Holzproben von der Siedlung sind weiter zu analysieren, so könnten wir eine feste Grundlage für die Erstellung einer genauen Chronologie der protokolchischen Periode im Ostschwarzmeergebiet gewinnen.
Im 2. Jahrtausend v. Chr. im Ostschwarzmeergebiet die wichtigste und gut ausgegrabene Siedlungen sind Nosiri, Naochvamu, Tabakoni, Namcheduri, obere Sichten von Pichori u.a. Die Altkolchische Periode I ist im Landesinneren in den Tellsiedlungen Nosiri, Saeliaos Kursia, Ckemi, Kekeluri Zuga, Nachvis Zuga u. a. vertreten im Küstengebiet – in den Telsiedlungen  Pichori, Dicha-Gudzuba I und II in Anaklia. Die zweite Schicht der Tellsiedlung Dicha-Gudzuba I in Anaklia, den oberen Horizont der Kulturschicht von Dicha-Gudzuba II in Anaklia, die Schicht IV der zentralen Siedlung Dicha-Gudzuba in Pichori, die Schicht IV von „Mamuliebis Dicha-Gudzuba“ in Ergeta und die Schicht I der Tellsiedlung Nosiri als Kulturhinterlassenschaften mit ältestem kolchischen Keramikmaterial deuten. Nächste Stufen der AK-Periode der Kolchis Periode sind in oberen Schichten der genannten und anderen Siedlungen gut vertreten.
Im Ostschwarzmeergebiet der Bronzezeit ist auch im Bereich des Bauwesens ein Progress nachzuweisen. Der Sumpfboden und das feuchte Klima der Kolchis bedingten die Entwicklung der Holzarchitektur. Reste von derzeitigen, lehmverputzten Block- und Pfahlbauten sind archäologisch mehrfach nachgewiesenen worden. Als Baumaterial benutzte man Gehölz von Eiche, Kastanie, Buche, Buchsbaum, Weißbuche, Erle, Kirschlorbeerbaum, Esche, Fichte, Kiefer u. a. Die kolchische Bautechnik  beschreibt der römische Autor Vitruv. Die künstlichen Siedlungshügel, als Zeichen der kolchischen Architektur, lassen sich seit der Bronze-Eisenzeit bis zur Frühantike nachweisen.