Anna Kharanauli (Staatliche Ivane-Javakhishvili-Universität Tbilissi, Georgien) Die Göttinger Septuaginta – eine Stilikone der modernen Philologie und die Georgische Bibeltextkritik Das im Jahre 1911 gegründete Göttinger „Septuaginta-Unternehmen“, das heutzutage den Namen „Die Editio critica maior des griechischen Psalters“ trägt, ist eine Stilikone der Philologie. Hier wird ein Buch ediert, das das Denken, das Leben und die Sprache der Christen und der Juden am meisten geprägt hat; das Buch, das als Vorlage der Übersetzungen in die Nationalsprachen und als Vorbild für christliche Sprachen der neu bekehrten Nationen diente – das Alte Testament. Der Überlieferung nach im 3-2 Jh. v. Ch. aus dem Hebräischen übersetzt, wird dieses Buch traditionell 70 oder 72 Gelehrten zugeschrieben und daher das Buch Septuaginta (lat. Siebzig) genannt. Was bedeutet es, Texte, die in dutzenden antiken und mittelalterlichen Handschriften überliefert sind, zu edieren und dabei Väterkommentare, Väterzitate und alte Übersetzungen zu berücksichtigen? Wie wird diese riesige Arbeit organisiert? Was sind die Editionsmethoden? Und wie ist der Text in der Ausgabe darzustellen, dass keine einzige Quelle vernachlässigt wird und zugleich für alle Fachleute zugänglich ist: für Theologen, Linguisten, Quellenvorscher und, mir am wichtigsten, für mich, die ich mich mit den Tochterübersetzungen beschäftige. Im Vortrag werden all diese Fragen behandelt, insbesondere aber die Frage, wie die Erfahrung der Göttinger Septuaginta die Georgische Bibeltextkritik beeinflusst hat.