Tamar Reck-Kotrikadze
(Kaukasisches Haus Tbilissi, Georgien)
Friedrich Parotts Reise durch Georgien
In seinem 1834 in Berlin erschienen Buch „Die Reise zum Ararat“ schildert der Medizindoktor der Universität von Dorpat (heute Tartu in Estland), Naturforscher und Mitglied der st.Petersburger Akademie der Wissenschaften, später (1831-34) Rektor der Universität von Dorpat Friedrich Parott (1791-1841) seine wissenschaftliche Expedition zum Berg Ararat in Armenien, wobei er und seine Kollegen aus Russland durch Kaukasus und Georgien reisten.
Sein Buch besteht aus zwei Bänden (insg. bis zu 500 Seiten) und enthält sowohl Ergebnisse von meteorologischen, geografischen und chemischen Beobachtungen und Versuche (belegt durch Tabellen und Zahlen), als auch geistreiche und manchmal fast poetische Beschreibungen von Natur und Bevölkerung, von ethnischen Besonderheiten, industriellen Methoden und Werkzeugen (mit Zeichnungen), Bräuchen und Eigenschaften des gesellschaftlichen Lebens vor Ort.
Der georgische Verlag „Vasi“ im Tbilissi unternahm 2021 ein Projekt der Übersetzung von denjenigen Teilen des Reisebuchs, die über Georgien berichten. Als Ergebnis entstand ein Buch von knapp 130 Seiten, das aber wichtige und einzigartige Information vom Zustand unseres Landes vor mehr als zwei Jahrhunderten enthält. Das Buch ist folgenderweise getitelt: „Friedrich Parotts Reise durch Georgien“. Die Übersetzungsarbeit wurde von mir ausgeführt.
Obwohl das Hauptziel der Reise der Berg Ararat war, Georgien aber nur als Durchgangsland auftrat, hatten die Reisenden den Willen und auch die Möglichkeit, einige Regionen Georgiens ziemlich nahe zu erforschen und zu beschreiben.
Sowohl der Volltext, als auch die Übersetzung bestehen aus drei Teilen: 1. Reise von Nordkaukasus nach Tbilissi, Aufenthalt in der Hauptstadt, Reisen nach Kachetien (Stadt Telawi und Gebirgsgegende); im Originaltext folgt die Beschreibung der Reise durch Armenien zum Ararat, was in der Übersetzung ausgelassen wurde; 2. Rückfahrt von Armenien nach Georgien, Reise durch Imereti und Samegrelo zum Schwarzen Meer; 3. wissenschaftliche Daten.
Für georgische Leser ist es höchst interessant, zusammen mit Friedrich Parott einen Überblick von damaligem Georgien zu bekommen, das erst vor Kurzem durch russische Waffen und russische Diplomatie von eroberischen Anstößen vonseiten Irans und der Türkei und von moslemischen Einflüssen befreit wurde, obwohl es noch viele Gefahren in der Region gab und auch das Alltagsleben und die Industrie, vor allem auf dem Lande, noch immer schlecht entwickelt, manchmal sogar armselig war. Aufschlussreich und spannend ist es, darüber zu lesen, wie die Georgier in der Stadt und auf dem Lande sich kleideten, wie sie sich den Fremden gegenüber verhielten oder wie sie den Wein aufbewahrten.
Einzigartig ist auch die Erzählung über die Begegnungen mit deutschen Kolonisten, manche von denen aus der moslemischen Gefangenschaft befreit wurden, und über den Besuch der deutschen Dörfern Elisabethtal, Katharinenfeld, Annenfeld, Helenendorf u. a., die sich nicht weit von Tbilissi befanden.
Außer der historischen und naturwissenschaftlichen Bedeutung hat das Buch auch eine starke emotionelle Auswirkung auf den Leser.