TSU, 107 | Moderation: Prof. E. Sturm-Trigonakis - 14.30-14.55

Die georgische Gegenwartsliteratur mit Migrationshintergrund und die neue Weltliteratur: Herausforderungen und Perspektiven

Schorena Schamanadze, Natela Chitauri (Schota-Rustaveli-Institut für Georgische Literatur, Tbilissi)

Die Globalisierungs- und Migrationsprozesse haben die Probleme der interkulturellen Migrationsliteratur und der nationalen Identität aktuell gemacht. Die Erforschung der interkulturellen Migrationsliteratur ist an den führenden Universitäten in Europa und Amerika seit Langem im Gange. Was Georgien anbetrifft, so ist der Prozess der Suche nach nationalen Identitätsmarkern in der nationalen Literatur „vor Ort“ bereits begonnen, die Erforschung der nationalen Identität in Texten außerhalb Georgiens ist aber ein Novum für uns.

Wir haben begonnen: 1. die georgische interkulturelle Migrationsliteratur zu studieren und in diesen Texten die nationale Identität zu erforschen; 2. ein neues, auf diese Forschung orientiertes interdisziplinäres methodologisches System zu schaffen.

Im Rahmen des 2012-2015 von der nationalen wissenschaftlichen Schota Rustaweli-Stiftung finanzierten Projekts „Das interkulturelle Modell der georgischen Literatur und das Problem der nationalen Identität“ haben wir bereits den mentalen bzw. literarischen „Emigrationsraum“ (1918-1980) erlernt. Als Ergebnis wurde eine Monografie herausgegeben.

Derzeit erforschen wir einen mental-literarischen „Diasporaraum“ der georgischen Literatur (1990-bis zum heute) - die modernen Texte, die im Ausland bzw. in der Bewegung geschaffen werden -, der ein Teil des neuen Weltliteraturraumes ist. Er charakterisiert sich durch: kompliziertere Darstellungen, die für die modernen (doppelt, hybrid, Übergangs- usw.) Formen der nationalen Identität besonders ausschlaggebend sind.

Die im Ausland bzw. in der Bewegung geschaffene georgische Gegenwartsliteratur mit Migrationshintergrund oder die moderne georgische interkulturelle Migrationsliteratur, schließt sich dem globalen Raum der neuen Weltliteratur mit ihrer nationalen Spezifik an.

Wir berücksichtigen die Erfahrung der Betrachtung der modernen Literatur mit Migrationshintergrund als eine Neue Weltliteratur, die mit dem Aktualisierung des goethischen Begriffs der Weltliteratur durch Homi Bhabha anfängt und auf unterschiedliche Arten bis zum heutigen Tag dauert (s. Haidi Rosch, Edward Said, Wilfried F. Schoeller, Elke Sturm-Trigonakis, Ottmar Ette, Sigrid Löffler...). Die größte Rolle bei der Einführung des Begriffs „the New Weltliteratur“ hat das Buch von Elke Sturm-Trigonakis „Global playing in der Literatur: ein Versuch über die Neue Weltliteratur” gespielt. Auf die Vielfalt der Forschungsrichtungen weist auch die Zahl der Definitionen dieser Literatur: inter- od. transkulturell, Migrations-, Postmigrations-, Bewegungs-, transareal usw.).

Die Charakterzüge der georgischen Gegenwartsliteratur mit Migrationshintergrund als eines Teils der Neuen Weltliteratur unterscheiden sich von denen der generell im Ausland geschaffenen Literatur (zum Beispiel, der georgischen Emigrationsliteratur) durch die andere Konfiguration der nationalen bzw. interkulturellen oder psycho-sozialen Identitäten, durch Rekonstruktionen der Gedächtnisse aller Art, durch Wandel des imagologischen Blickwinkels usw.

Wie die nationale bzw. interkulturelle Identität die mentale, räumliche und sprachliche Heterogenität der georgischen Gegenwartsliteratur mit Migrationshintergrund einprägt und welches Schema der konzeptuellen Forschung unsere Methodologie betätigt, werden wir in unserem Auftritt klarzumachen versuchen.